Was zuletzt
geschah
Nach längerer Zeit
gibt es einen Turnierbericht! Nicht zuletzt auf Wunsch von Sebastian, der
seine Fehler auch kritisch benannt haben möchte. Mal sehen, ob wir
dem Manne helfen können. Wir waren Ende Juli am Start bei den Offenen
Meisterschaften der Niederlande, den Dutch Open. Da der letzte Bericht
hier allerdings vom Turnier
in Dünkirchen aus dem März stammt, vorab kurz,
was seitdem geschah, mit Fokus auf Sebastian, da ich manchmal nur als „Sekundant“
mitfuhr:
Seit dem Turnier in
Frankreich gab es drei Turnieraktivitäten, hier konnte Sebastian nicht
an alte Leistungen anknüpfen. Zur Erinnerung: Den DWZ-Höchststand
erreichte er nach den Turnieren in Italien und Stuttgart 2011 mit 2243.
Danach ging es in den 2100er Bereich, aber die 2200 wurden immer mal wieder
übersprungen. 2014 lief es, beginnend mit dem starken Turnier in Hoogeveen,
wieder besser. Es gab dreimal hintereinander eine 2300er Turnierleistung
und um ein Haar den Landesmeistertitel Anfang 2015 (am Ende blieb immerhin
der Vize). Der Nordwest-Cup war ein Nullsummenspiel und dann kam Dünkirchen
mit etwas Verlust. Der eigentliche Abschwung begann also erst da.
Es folgten, wie gesagt,
drei Turniere: Beim Ried-Open
in Einhausen (zwischen Darmstadt und Mannheim) gab es eine Performance
von unter 2000. Dies war auch mein eigener bisher letzter Auftritt, die
Leistung war mit einer niedrigen 1800 auch für mich enttäuschend.
Es gab bei diesem Turnier allerdings ein denkwürdiges Duell. Der frühere
Holthuser Dauermeister Hermann Koenen, der ganz in der Nähe wohnt,
spielte mit, traf auf Sebastian und - gewann mit Schwarz. „Koenen, der
Barbar“ schlug zu, hier diese Partie nach der Eröffnungsphase, ich
habe ein paar kurze Kommentare eingefügt. Sie zeigt das dynamische
Spiel von Hermann genauso anschaulich, wie die Krise von Sebastian:
Hier ein paar Fotos
aus Ried. Hier und in der Folge kann durch anklicken vergrößert
werden.
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Sebastian beobachtet
die Partie von Hermann in Ried.
Die Spionage erwies
sich allerdiings als unzureichend.
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Mein Outfit
brachte Glück: Mainz wurde an dem Tag 2:1
besiegt und der Klassenerhalt
auch souverän eingefahren.
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Wenig besser lief es
danach für Sebastian im niederländischen Hilversum
bei einem Wochenendturnier. Die Leistung hier war im mittleren 2000er Bereich.
Zur Vorbereitung auf die Dutch Open spielte Sebastian kurz vorher noch
das Quickstep
Turnier in Bremen Mitte Juli, hier verspielte er in zwei
Partien Möglichkeiten und gewann lediglich die dritte Partie. Vermehrt
unterliefen im auch größere Fehler wie ein Qualitätsverlust
in der zweiten Partie gegen das Bremer Talent David Kardoeus durch eine
Springergabel. Auch hier gab es DWZ-Verluste. Widmen wir uns nun aber dem
aktuellen Geschehen aus den Niederlanden!
Dutch Open
Die Dutch Open sollten
also die Wende bringen. Parallel fand auch wieder das Czech Open in Pardubice
statt, aber wir haben dieses so oft besucht, dass wir diesmal dachten,
warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so Nahe liegt. Das Turnier
fand in Dieren statt, was in der Nähe von Arnheim liegt. Da die Entfernung
von Ostfriesland aus zwei Autostunden beträgt, buchten wir in der
Nähe eine Ferienwohnung, zum Pendeln wäre es zu weit gewesen.
Der Spielplan war entspannt: Zwar neun Runden, aber nur eine Runde pro
Tag, dazu nach fünf Runden sogar ein Ruhetag. Ein echter Luxus. Bedenkzeit
war „Fischer kurz“: 90 min/40 Züge + 30 min und einem Inkrement von
30 Sekunden.
Teilnehmen durfte man
nur mit einer Zahl ab 2100 (als Jugendspieler ab 2000), aber für die
Anderen gab es zahlreiche Nebenturniere. Unsere Unterkunft lag 15 Fahrminuten
entfernt in Loenen. Eigentlich unproblematisch, aber bei den Fahrkünsten
der Niederländer durchaus immer mal wieder eine Herausforderung. Das
Wetter war nach ein paar sonnigen Tagen eher schlecht, und der Regen nahm
irgendwann biblische Ausmaße an. Aber wir ließen Noah einen
Arche-Typen sein und wollten den Kopf im Turnier über Wasser halten.
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Das Lokal, eigentlich
eine Turnhalle, von außen.
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Und von innen.
Noch war alles leer.
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Auftakt (Runden
1-3)
Sebastian war noch
so gerade in der oberen Hälfte dieses Turnieres gesetzt. Topgesetzte
waren heuer übrigens die GM L’Ami und Reindermann. Vorne war das Turnier
in der Breite nicht so stark besetzt - für ein Turnier mit 2500 EUR
für Platz 1. Der „Freund“ konnte zwar Reindermann besiegen, aber Letzterer
gewann am Ende das Turnier. Auftaktgegner von Sebastian war mit Weiß
ein junger Niederländer mit 2056 ELO (Sebastian hat derzeit 2210).
Unangenehm, gegen solche – naja, Talente – zu spielen. Immerhin war der
Gegner auch schon 14, also ein junger Jan Timman war es zumindest mal nicht.
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Der Saal füllte
sich .
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Bast gegen Kokje
zum Auftakt. Würde es kinderleicht?
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Bast wählte eine
für ihn ungewöhnliche Eröffnung, die er aber gut kannte.
Vielleicht jedoch hätte er hier, gerade mit Weiß gegen einen
schwächeren Gegner, seinen Standardaufbau wählen sollen. In seiner
Eröffnungswahl setzt man hauptsächlich auf Königsangriff,
und nachdem dieser nicht durchging, verlor Sebastian am Damenflügel
eine Qualität. Zweifellos stand er danach auf Verlust. Bis dato konnte
sich der Niederländer an Eröffnungsideen entlang hangeln, es
folgten nun jedoch mehrere sehr schwache Züge und Sebastian hatte
zumindest wieder Ausgleich.
Im Endspiel verfügte
unser Kämpfer über Dame gegen zwei Türme und einen Mehrbauern.
Die Perspektiven waren für ihn etwas besser, auch wenn es lange rechnerischer
Ausgleich war. In der Verteidigung spielte Schwarz wieder ein paar sehr
mysteriöse Züge und verfeuerte wohl auch ein mögliches Remis
und Sebastian konnte am Königsflügel mit zwei verbundenen
Freibauern,
unterstützt vom König, einmarschieren und den Punkt reklamieren.
Es folgte in Runde
zwei ein Gegner mit bereits 2363 ELO. Und diese Partie fand an einem der
Live-Bretter statt. Davon gab es immerhin zehn, was bei insgesamt 29 Brettern
im Open schon ganz gut war. Leider scheint Sebastian mit Live-Brettern
kein Glück zu haben! Nachdem ich ihn im Spiellokal, einer großen
Turnhalle, abgeliefert hatte, fuhr ich zur Unterkunft zurück und machte
es mir mit einem Kaffee gerade vor dem Laptop gemütlich, wo schnell
die folgende Stellung erreicht wurde:
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Beukema - Müer
Bast hier mit Schwarz
am Zug
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Der Gegner wählte
eine für ihn ungewöhnliche Eröffnung, was die lange Vorbereitung
in der Nacht zuvor obsolet machte, und Sebastian improvisierte mit einer
von mir mal lediglich erwähnten Idee. Er hatte ein paar Probleme,
in der Folge alles zu berechnen, erreichte aber schließlich die in
etwa ausgeglichene Diagrammstellung. Soeben hatte Weiß auf d4 genommen
und Bast brütete. Als die Übertragung aber das Ergebnis von Sebastians
Überlegungen, Dxd4??, anzeigte, prustete ich meinen Dallmayr a la
Dolce Gusto durch das Zimmer und sprang, ohne die gegnerische Antwort abzuwarten,
wieder ins Auto, um den Unglücksraben abzuholen. Der Gegner dort hatte
auch natürlich in der Zwischenzeit Dxf7+ gefunden.
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Bast gegen IM
Goudriaan, Runde drei
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Ein Bild aus Runde
vier
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Die nächste Runde
brachte eine schlechte Nachricht: Wieder Schwarz! Die anfängliche
Hoffnung, fünfmal Weiß zu haben, war also wahrscheinlich gestorben.
Gegner war IM Goudriaan, 2376, also ein schwerer Brocken. Diese Partie
wurde von beiden Seiten lange Zeit sehr gut geführt. Der IM spielte
sehr streng, aber Sebastian blieb auf Augenhöhe. Jedoch war diese
Partie ein Beispiel dafür, dass Sebastian mit seiner Hauptantwort
gegen 1. d4 nicht hundertprozentig zufrieden sein kann, zumindest gegen
solche Kaliber: Man kann sehr lange sehr genau spielen und steht irgendwann
trotzdem vor Problemen.
Positionell stand Weiß
nachher richtig gut, spielte aber dann nicht immer das Beste, jedoch war
es schwer für Sebastian. Schließlich überschritt er trotz
Inkrement die Zeit, wobei seine Stellung zu dem Zeitpunkt wohl eh in der
Praxis nicht mehr zu halten gewesen war. 1,0/3 war sicherlich nicht der
gewünschte Start, aber die Niederlagen waren jeweils mit Schwarz gegen
starke Gegner. Nunmehr musste aber was kommen, und es kam auch.
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Idyllisches im
Garten unseres Ferienhauses.
Die Ponys wirkten
allerdings sehr angriffslustig.
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Und der Klapperstorch
kam. Wir zählten bis zu fünf Stück.
Nach dem Regen wirkten
sie aber eher wie begossene Pudel.
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Der Rächer
der Seeschlange (Runden 4 und 5)
Gegen 2144 mit Weiß
griff Bast erneut zum für ihn ungewöhnlichen 1. e4, da er den
Gegner mit einer Vorbereitung des indischen GM Negi behandeln wollte. Dieser
hat ein phantastisches Werk zu 1. e4 vorgelegt, seine Vorschläge dort
werden vom Computer zunächst verworfen und erst sehr viel später,
tief in den Varianten, als stark erkannt. Wer weiß, was die indische
Chip-Industrie da am Start hat... Im Vergleich zu Negi wirkt z.B. Boris
Awrukh wie ein Variantenpanscher. Eine weichenstellende Partie im Turnier,
denn diese sollte anzeigen, wo es hingehen würde.
Bislang im Turnier
hatte Bast in der Vorbereitung nicht so ins Schwarze getroffen, aber diesmal
lief es! Zumal Sebastian an diesem Tage Geburtstag feierte, und da hat
er in der Vergangenheit meiner Erinnerung nach immer gut ausgesehen. Der
Gegner geriet in die tödlichen Fänge der heimischen Analysierküche,
was man auch deutlich auf der Uhr sah. Köche, wir brauchen Köche!*
Sebastians Stellung war zu dem Zeitpunkt, an dem er anfing, selber zu spielen,
sehr gut, aber es gab noch Fallstricke und der Gegner grub auch einiges
aus, zumal Schwarz materiell mit drei Bauern für eine Qualität
klar vorne lag. Sein Problem: Der nicht entwickelte Damenflügel. Sebastian
führte die Partie souverän über die Untiefen und erzielte
den ganzen Punkt.
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Bast in seiner
Viertrundenpartie.
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Steiger' dich
rein!
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Blitzintermezzo
Am Abend fand dann
ein Blitzturnier für jedermann statt. Hier wurde in mehreren Gruppen
und Runden gespielt und am Ende gab es Finalgruppen. Sebastian verpasste
die finale Topgruppe nur um einen halben Punkt, was unnötig war, und
landete in Gruppe zwei (von zehn). Ich kam in die Schlußgruppe drei,
allerdings mit Glück, zwischendurch hatte man mich fälschlicherweise
einmal schwächeren Gegnern zugeteilt. Aber sei’s drum!
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IM Hans Böhm
eröffnet gegen mich mit d4.
Nach einem Bock von
ihm hielt ich noch gerade Remis.
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Hier Bast in einer
Zwischenrunde.
Gegen Böhm übrigens
gelangen ihm 1,5/2.
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Auch mir blieb später
eine Peinlichkeit nicht erspart:
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Am Abend blitzte
Bast
gegen mich ohne Dame...
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... und anscheinend
auch ohne
Damenflügel und
setzte Matt.
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Zurück zum Hauptturnier:
Runde fünf am Folgtetag rief Erinnerungen wach an eine bittere
Niederlage meinerseits. 2012 verlor ich meine bislang einzige
Seeschlange (Partie über 100 Züge), Gegner war der junge Niederländer
Lentjes. „Bitter“ muss ich allerdings relativieren, „ärgerlich“ wäre
passender. Eben jener Lentjes hatte die letzten drei Jahre dazu genutzt,
sich von 1940 auf 2116 ELO hochzupushen und war nun Gegner von Sebastian.
Es wurde Französisch
gesprochen, das dritte Mal bis Dato (und das Letzte). Lentjes verlieh der
Eröffnung schnell eigenen Charakter, auch wenn sein Konzept etwas
langsam zu sein schien. Sebastian kreierte ein eigenes Rezept, aber das
war verschreibungspflichtig: Lentjes hätte mit einem Qualitätsopfer
gutes Spiel bekommen können. Nachdem er dies ausließ, ging Sebastians
Plan völlig auf: Er gab selber die Qualität. Der Gegner bezahlte
für das Material wie erhofft Apothekerpreise.
In der Folge gewann
Sebastian sein Material zurück und hatte starke Kontrolle im Zentrum.
Seinen König führte er aus der Gefahrenzone und brachte letztlich
mit einer starken Leistung die Partie zu einem vollen Punkt. 3,0/5 und
10 Punkte ELO-Plus zu diesem Zeitpunkt sahen gut aus. Aber natürlich
gab es auch den ein oder anderen kritischen Moment zu überstehen,
denken wir vor allem an die Auftaktpartie.
Ruhetag
Ein Ruhetag ist ungewöhnlich,
aber er gibt die Möglichkeit, seine Energiereserven aufzutanken. Manche
allerdings müssen auch überschüssige Energie loswerden:
In einem der vielen, teilweise antiquarischen Bücher, die ich im Turniersaal
erwarb, berichtete Karpow davon, dass Kortschnoi sich früher Nachts
an eine Heizungsbatterie anschloss, um sich zu entladen, er hatte einfach
zu viel Energie (bzw. wäre elektrisch geladen). Ob man Tolja glauben
darf? Viktor, dem Schrecklichen, wäre es zumindest zuzutrauen.**
Wir entschieden uns
aber gegen entsprechende Experimente und machten eine Tour in den Freizeitpark
Slagharen, der nur eine knappe Autostunde von unserer Unterkunft entfernt
lag. Es war nett, auch wenn der Park eher klein war und die Fahrgeschäfte
mehr das jüngere Publikum ansprachen - für den echten Thrill
muss man wohl schon größere Parks aufsuchen. Wir hatten auch
keine Angst vor den Hauptattraktionen, dem ELO Freefall-Tower und der DWZ
Achterbahn. Außerdem gelang Sebastian noch ein Fischzug:
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Auf Grund seiner
bis Dato 100%-Ausbeute als Anziehender
hatte sich Bast den
Spitznamen "der weiße Hai" erworben.
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Für die weitere
Jagd im Turnier hätten wir aber ein größeres
Boot gebraucht. Ich
ließ es mir dennoch schmecken.
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In der Hitze der
Schlacht (Runden 6 und 7)
Runde sechs brachte
wieder eine Schlüsselpartie: Weiß gegen einen stärkeren
Gegner. Die beiden letzten Punkte waren zwar eine wichtige Errungenschaft,
aber sie waren gegen schwächere Gegner nach einem eher mäßigen
Start auch notwendig gewesen. Nun wartete ein etwas stärkerer Gegner,
ein 18jähriger Niederländer mit 2314. Gefährlich, natürlich,
aber hier musste was geholt werden.
Es war erneut ein
Live-Brett, was nichts Gutes erahnen ließ. So war ich auch diesmal
mit meinem Kaffee etwas vorsichtiger. Nach in etwa ausgeglichener Eröffnung
musste ich aber folgendes mitansehen:
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Müer - Vereggen
Sebastian am Zug
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Weiß hat Druck
am Damenflügel, einen starken Läufer und ist besser entwickelt.
Schwarz hat dafür gute Aussichten für seinen Springer und er
kann versuchen, Spiel am Königsflügel zu generieren, so liegt
z.B. f4 in der Luft. Hier nun kann Sebastian vielleicht b5 spielen, was
die Diagonale seines Läufers verlängert, und alles scheint in
Ordnung, aber er wollte den schwarzen Plan vereiteln und griff selber zu
f4. Das kostet wegen des Damenschachs auf b6 aber den b-Bauern. Dennoch
ließ ich die Autoschlüssel erstmal noch liegen, Sebastian war
auch nicht zu entmutigen und kämpfte sich wieder heran, bis dann folgende
Stellung erreicht wurde:
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Müer - Vereggen
Später am Tage
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Hier führt nunmehr
De8 wohl zum Remis, jedenfalls konnte er nach Ta8 wenig später aufgeben.
Das war bitter, aber auch die Zeitnot war hier wohl schon etwas im Spiel.
Schlimmer war sicherlich das Versehen aus dem ersten Diagramm dieser Partie.
Mit dieser zweiten Live-Partie waren also auch keine Einschaltquoten zu
erzielen.
Sebastians Gegner in
Runde sieben war sein erster (und einziger), der vor den 90er Jahren geboren
wurde – sonst war Bast also jeweils der ältere Spieler. Das sollte
allerdings kein Nachteil sein, denn in seinem Alter steht er kurz vor dem
schachlichen Zenit, und sollte den jüngeren Gegnern etwas voraus sein.
Der 2119er in Runde sieben war bereits Mitte 50 und ein ziemlicher Haudrauf,
was seine alten Partien zeigten.
Erneut traf Sebastian
mit der Vorbereitung nicht ins Schwarze, schließlich spielten dann
beide Gegner auf für sie unbekanntem Terrain - es wurde Italienisch
gesprochen. Hier wäre Sebastian vielleicht wirklich gut beraten gewesen,
seinen Standard zu spielen, wahrscheinlich wäre eine seiner bevorzugten
Varianten auf das Brett gekommen. In der Partie jedenfalls hatte Weiß
in der Folge immer etwas Vorteil. Ein gegnerisches Qualitätsopfer
unterschätzte Bast und wehrte es nicht ab, aber danach war der Gegner
auf dem Gewinnweg. Dieser blieb jedoch nicht sauber und Sebastian hatte
nochmal eine Ausgleichschance direkt nach der Zeitkontrolle. Aber die Lage
war wohl zu kompliziert und er fand es nicht.
Das Finale (Runden
8 und 9)
Nach der Doppelnull
war schon klar, dass das Turnier kein Erfolg werden würde. Mit Weiß
aber sollte in der vorletzten Runde ein Sieg her gegen eine Inderin mit
lediglich 2056 Punkten (aber WIM…). Diesmal spielte Sebastian seine eigene
Eröffnung, aber er räumte dann schnell das Zentrum leer, was
eigentlich nicht sein Stil ist. Leicht besseres Spiel für ihn, aber
leider entdeckte er wieder ein Phantom:
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Müer - Parnali
Weiß am Abzug
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Er wollte hier den
gegnerischen Springer vertreiben, um auf die vorletzte Reihe einzudringen,
wozu er seine Bauernstruktur mit e4 schwächte. Dies hätte lediglich
die genannte Taktik gerechtfertigt, aber ein Eindringen war dann doch nicht
möglich, denn Sb6 deckt d7… Schwer zu erklären, aber es war vermutlich
auch die Enttäuschung über die letzten Partien zusammen mit dem
Eindruck, bereits einen entscheidenden Vorteil in der Diagrammstellung
zu haben.
Bast verwaltete die
halbe Ruine dann aber doch noch ganz gut und am Ende gab es dann, trotz
eines Minusbauern, eine Zugwiederholung. Das Remis konnte ihn natürlich
keinesfalls zufriedenstellen, zumal er eine durchaus angenehme Stellung
hatte, bis er seine Struktur schwächte.
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Zwei mal am Brett:
Hier gegen Vereggen
in Runde sechs...
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... und gegen
Parnali in Runde acht.
Zwei eher enttäuschende
Runden.
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So blieb noch eine
Runde zu spielen. Der Gegner hatte 2117 und Sebastian tatsächlich
seine fünfte Schwarzpartie. Und erneut gab es eine Überraschung:
Weiß begann mit 1. d4, wobei er aber laut der Datenbank sonst immer
mit dem Doppelschritt des Königsbauern eröffnete. Vielleicht
hatte er gesehen, was Sebastian auf d4 im Turnier machte und sich etwas
angeschaut.
Grundsätzlich
ist es aber kritisch, mit Weiß von seinem eigenen Repertoire abzuweichen.
Und Sebastian kann viele Eröffnungen spielen. Tatsächlich auch
hatte sich der Niederländer die Nacht wohl umsonst um die Ohren geschlagen,
wovon Sebastian jedoch auch ein Lied singen kann.
Bast wählte eine
Eröffnung, die er sonst quasi nicht spielt, und die hier natürlich
hervorragend passte - Holländisch. Das erwischte den Gegner vollständig
auf dem falschen Fuß. Beiden Seiten merkte man irgendwie an, dass
sie in den Stellungen nicht zu Hause waren, aber vor allem Weiß gingen
irgendwann die Pläne aus. Sebastian zog einen Königsangriff auf
und Weiß konnte im Zentrum nicht rechtzeitig Gegenspiel organisieren.
Irgendwann platzte Weiß und Sebastian konnte die sehr taktische Stellung,
die auch einiges an Rechenkapazität forderte, sauber nach Hause spielen.
Ein versöhnlicher Abschluß, es war wichtig, das Turnier auf
einer positiven Note zu beenden.
Fazit
4,5 Punkte bedeuteten
50% Ausbeute. Die Performance lag knapp unter 2200, was ein paar Punkte
Verlust bedeutete (-7 ergab unsere Rechnung). Mit Weiß war er +1,
mit Schwarz -1. Normal. In den ersten fünf Runden war alles mehr oder
weniger ok. Drei Siege, wenn auch etwas wackelig in der Auftaktpartie und
einem kurzen Schreckmoment in Runde fünf, wenn man das so sagen kann.
Diese Partie war aber sonst sehr gut geführt, genauso wie der Sieg
in Runde vier. Die beiden Niederlagen waren gegen klar stärkere Gegner
und jeweils mit Schwarz.
Schlecht waren die
Runden sechs und sieben, wobei in Runde sechs wieder ein ziemliches Versehen
(Bauerneinsteller) zu registrieren war, der Kampfgeist danach wurde nicht
belohnt. In Runde sieben hat der Gegner sehr stark gespielt, einen klaren
Einsteller findet man nicht. Einen Überseher, wenn auch nicht mit
dramatischen Folgen, gab es in Runde acht und zum Abschluß die vielleicht
beste Partie zusammen mit Runde vier.
Insgesamt ein empfehlenswertes
Turnier, gute Bedingungen, gute Organisation. Das Verhalten der Schiedsrichter
war aber nicht sehr logisch und widersprach sich teilweise: Nachdem ich
ein paar Runden lang Fotos gemacht hatte, kam man dann Mitte des Turniers
zu mir und händigte mir ein gelbes Leibchen aus, welches jeder tragen
müsse, der fotographiere. Davor und danach war es nicht notwendig.
Und in Runde acht (!) fiel plötzlich einem Schiedsrichter ein, ich
dürfe den abgetrennten Bereich der Bretter des Open nicht betreten,
dass wäre nur für die Spieler. Freilich habe ich das in Runde
neun wieder ignoriert.
Hier noch der Link
zur Turnierseite:
Dutch
Open
- frank modder,
03.08.2015
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Kortschnoi bei
der
Übergabe seiner
Altbatterien
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* "Köche,
wir brauchen Köche!" war eine scherzhafte Aussage eines sowjetischen
GM, leider habe ich die Quelle nicht parat,
meine aber, es wäre Awerbach gewesen.
** Die Aussage Karpows
findet sich in "Soviet Chess" von Andrew Soltis, Seite 351. Er bezieht
sich dort wiederum auf das
"Buch über das Match" von Karpow. Gemeint war das WM-Match 1978, das
Buch kann deshalb nur "Im fernen Baguio"
gewesen sein. Wer hiervon eine deutsche oder englische Ausgabe kennt, möge
mir bitte einen Hinweis geben unter
frank.modder(at)turm-holthusen.de |